Gewalt gegen Frauen ist auch in Deutschland ein großes Problem. Häufig werden Frauen in ihrem eigenen Zuhause, oft durch ihren Partner bedroht. Zum Glück gibt es sogenannte Frauenhäuser in denen Betroffene Zuflucht in Gefahrensituationen finden können.
Diese Frauenhäuser sind jedoch auf finanzielle Unterstützung angewiesen. Der Spendenerlös von Wearing Facts aus den nächsten sechs Monaten soll deshalb an das 6. Autonome Frauenhaus in Hamburg gehen. Im Folgenden haben wir zehn Fragen gestellt, in denen ihr mehr über Frauenhäuser im Allgemeinen und natürlich über das 6. Autonome Frauenhaus in Hamburg erfahrt.
1.Warum sind Frauenhäuser so wichtig?
Die Frage sollte eher lauten, warum Frauenhäuser notwendig sind. Wir leben in einer patriarchalen Gesellschaft, in der Frauen benachteiligt und diskriminiert werden. Solange es also das Patriarchat gibt, so lange braucht es auch Frauenhäuser.
Gewalt gegen Frauen kommt in alles gesellschaftlichen Gruppen vor. Jede vierte Frau in Deutschland erlebt Gewalt. Zum Beispiel durch ihren Partner, ihre Partnerin, durch Familienmitglieder, Verwandte oder andere Personen. Viele Frauen (und ihre Kinder) erleben Gewalt in ihrem Alltag. Wichtig ist uns auch zu betonen, dass es Gewalt in vielen verschiedenen Formen gibt und sie nicht immer sichtbar ist.
Gewalt gegen Frauen nimmt unterschiedliche Formen an, aber sie betrifft uns alle. Wir alle kennen Frauen, die Gewalt erfahren und wir alle kennen Männer, die gewalttätig sind.
Frauenhäuser sind anonyme Schutzhäuser für Frauen und ihre Kinder vor dieser Gewalt.
2. Was ist die Aufgabe von Frauenhäusern?
Frauenhäuser bieten eine sichere Unterkunft sowie Beratung und Unterstützung nach dem Verlassen einer gewalttätigen Beziehung und die Entwicklung einer Perspektive zu einem gewaltfreien, selbstbestimmten Leben. Im Frauenhaus arbeiten nur Frauen, die sich für die Belange der Frauen einsetzen. Diese Parteilichkeit und die Hilfe zur Selbsthilfe sind bei unserer Arbeit wichtige Prinzipien. Für die Mädchen und Jungen im Frauenhaus gibt es Mitarbeiterinnen, die die Kinder bei der Verarbeitung der erlebten Gewalt unterstützen und sich für sie einsetzen.
3. Wer kann alles in ein Frauenhaus kommen?
Ins Frauenhaus kann jede Frau, die Gewalt erfährt oder von Gewalt bedroht wird. Die Kinder der Frauen sind oftmals ebenso von der Gewalt zuhause betroffen. Deshalb finden sie ebenfalls einen Schutzplatz bei uns. Jungen nehmen wir bis 18 Jahre auf.
Wir nehmen alle Frauen auf, die sich als Frau verstehen. Egal ob sie trans sind, egal wie ihr Körper aussieht, egal was in ihren Papieren steht. Im Rahmen unseres Konzeptes wollen wir auch darauf aufmerksam machen, dass Frauen häufig gleichzeitig von verschiedenen Unterdrückungsformen betroffen sind, die sich unterscheiden können und sich gegenseitig beeinflussen. Aufgrund dieser Überlegungen haben wir uns auch entschieden, die in Hamburg bereits gängige Praxis der Aufnahme gewaltbetroffener Transfrauen in die Frauenhäuser fest in unserem Konzept zu verankern. Denn aufgrund der sie betreffenden Gewalt- und Diskriminierungsformen werden sie leider häufig nicht als Adressatinnen spezifischer Hilfsangebote angesehen. Wir hoffen dadurch einen Beitrag zur Abkehr von auf Transfeindlichkeit beruhenden Schwierigkeiten beim Zugang von Hilfeangeboten zu leisten und damit Ideen für weitere z.B. queere Schutzhäuser zu unterstützen, um das Recht der Selbstbestimmung jeder Person über die eigene Geschlechtsidentität zu ermöglichen.
4. Seit wann gibt es das 6. Autonome Frauenhaus Hamburg?
Wir haben im November 2019 mit dem Verein 6. Autonomes Frauenhaus Hamburg e.V. die Trägerschaft des 6. Frauenhauses in Hamburg übernommen. Danach begann eine intensive Phase der baulichen und pädagogischen Umsetzung des Konzeptes, was sich auch durch Corona als schwierig und langwierig erwies. Trotzdem konnten wir dann im Juni 2020 die ersten Frauen und Kinder aufnehmen und mittlerweile sind durchgehend alle Plätze belegt.
5. Über wie viele Plätze verfügt das 6. Autonome Frauenhaus Hamburg?
Wir haben 32 Plätze für Frauen und Kinder. Im neuen Frauenhaus werden erstmals wichtige Erfahrungen aus der Praxis der bestehenden autonomen Frauenhäuser konzeptionell festgeschrieben. So konnten wir unsere Forderung nach Möglichkeiten einer stärker bedarfsorientierten Ausrichtung der Frauenhausarbeit in der neuen Immobilie durch flexible Belegungen von Einzelzimmern für alleinstehende Frauen oder mehrere Zimmer für Mütter mit mehreren Kindern umsetzen.
Insgesamt gibt es übrigens in Hamburg nun 200 Frauenhausplätze. Das reicht leider immer noch nicht, da der Bedarf deutlich höher ist!
6. Wie sieht das Leben im 6. Autonomen Frauenhaus aus?
Die Frauen und Kinder leben im Frauenhaus im Prinzip wie in einer großen WG zusammen. Sie teilen sich zum Beispiel eine Küche. Kochen etc. organisiert jede für sich. Aber es gibt einen Putzplan und regelmäßige Hausversammlungen in denen das Zusammenleben besprochen und organisiert wird. Es gibt außerdem ein Spiel- und ein Wohnzimmer. Normalerweise gibt es auch gemeinsame Aktivitäten und Ausflüge, die momentan wegen Corona nicht stattfinden können.
7. Wo kann ich mich in Gefahrensituationen melden?
Der Weg ins Frauenhaus ist unkompliziert über die Notaufnahme der Hamburger Frauenhäuser "24/7" möglich. Der Notruf lautet 040 / 8000 4 1000 und ist Tag und Nacht erreichbar. Nach dem Telefonat wird ein Treffpunkt vereinbart, von dem Frauen und Kinder abgeholt werden. Die Adresse der Notaufnahme ist wie die Adresse aller Frauenhäuser geheim, um den anonymen Schutz zu gewähren. Generell empfehlen wir, dass in akuten Gefahrensituationen die Polizei gerufen werden sollte, die auch Frauen zum Treffpunkt begleitet.
In der Notaufnahme kann erstmal zur Ruhe gekommen werden. Von dort werden die nächsten Schritte überlegt und gegebenenfalls an ein Frauenhaus in Hamburg oder in einer anderen Stadt weitervermittelt.
8. Wie lange darf man im Frauenhaus bleiben?
Im Frauenhaus haben die Frauen erstmal Zeit, eine neue Perspektive für sich und ihre Kinder zu entwickeln. Mit Unterstützung der Mitarbeiterinnen wird dann überlegt, wie es nach dem Frauenhaus weitergeht. In der Regel bleiben die Frauen ein paar Monate, oder kürzer. Wenn die Frau sich dazu entschließt, eine eigene Wohnung für sich (und ihre Kinder) zu suchen, kann es auch mal länger dauern. Wir alle wissen, wie es um bezahlbaren Wohnraum in Hamburg steht. Es ist fast unmöglich Wohnungen zu finden, gerade für Menschen in prekären Lebenssituationen. Das ist auf jeden Fall eine große Baustelle und die Forderung nach bezahlbarem Wohnraum ist Teil der politischen Agenda der autonomen Frauenhäuser.
9. Warum sind finanzielle Spenden so wichtig?
Unsere Finanzierung durch öffentliche Gelder ist immer knapp bemessen. Gerade, dass wir weiterhin Frauen, die aus unterschiedlichen Gründen mittellos sind, weiter aufnehmen und unterstützen können, sind Geldspenden für uns so wichtig. In unserem Budget sind außerdem keine Ausflüge oder Ferienreisen vorgesehen. Diese sind jedoch für unsere Arbeit wichtig, da wir auch den Frauen und Kindern erholsame Momente bieten wollen.
Unser neues Haus ist außerdem immer noch nicht komplett ausgestattet. Zum Beispiel würden wir gerne ein Spielhaus und mehr Spielsachen für den Kinderbereich kaufen und so weiter.
10. Was können Einzelne tun, um Gewalt an Frauen vorzubeugen?
Das ist eine Frage, die bestimmt jede von uns Mitarbeiterinnen und jede Feministin unterschiedlich beantworten würde.
Ich persönlich denke, dass der erste Schritt ist, sich der eigenen Position in der Gesellschaft und damit im Patriarchat bewusst zu werden und diese zu reflektieren. Wir sind alle Teil des Patriarchats und reproduzieren es tagtäglich durch unser Verhalten. Das ist ein sehr abstrakter Ratschlag, aber ich denke nur so kann eine gesellschaftliche Veränderung beginnen.
Konkret denke ich außerdem, dass es wichtig ist, in der eigenen Nachbarschaft aufmerksam zu sein und vor allem gegenüber der Betroffenen zu zeigen, dass mensch solidarisch bist.
Zusammengefasst: Lest Texte, teilt Inhalte von Betroffenen, tut euch zusammen und zeigt, dass ihr das Thema auf dem Schirm habt. Bildet euch bildet und bildet dann Banden!
Mehr Infos findet ihr unter: www.hamburgerfrauenhaeuser.de und auf Instagram: @autonomefrauenhaeuserhh
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